
-Neubeginn nach dem Krieg 1945- 100 Jahre MTV Schandelah-Gardessen
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Neubeginn nach dem Krieg 1945
Fußball in Schandelah
Erinnerungen von Hermann Fischer
Gleich nach Ende des schrecklichen Krieges kam im Spätsommer 1945 das Fußballspielen in
Schandelah wieder in Gang. Junge Männer kamen aus der Kriegsgefangenschaft, die
Flüchtlingswelle aus dem Osten setzte ein. Man suchte den Zusammenhalt im Turnverein und
hier im Mannschaftssport beim Fußball. Man hatte ja so viel nachzuholen. Kameradschaft war
die Devise.
Organisiert wurde alles von Otto Elfroth. Offiziell musste aber sein Schwiegervater Erich
Schrader, langjähriger Standesbeamter in Schandelah, mit seinem Namen bei der englischen
Militärregierung hinhalten und das bis 1947 für den Männerturnverein ( MTV ).
Ein Gönner und Sponsor des MTV war Heini Litzkendorf, ein Kaufmann aus Braunschweig, den
es, dort ausgebombt, nach Schandelah verschlagen hatte und der einen Laden in der heutigen
Zschirpe-Straße angemietet hatte. Heini Litzkendorf gehörte dem Litzkendorf-Clan „ der
Litzkendorf's „ aus Braunschweig an, der mit Karussells und Buden auf Jahrmärkten und
Volksfesten in Braunschweig und Umgebung zu Hause war. Ein Kaufmann durch und durch, der
schon im Sommer 1945 für alle Turnerinnen, Turner und Leichtathleten aus einem großem
Sack Leinenturnschuhe gezaubert hatte. Solche Raritäten gab es damals noch nirgends zu
kaufen.
Die Beziehungen von Heini Litzkendorf in der wiederauflebenden Fußballwelt waren ziemlich
weitreichende. So waren im Herbst 1945 die sehr bekannten und verschwägerten ehemaligen
Nationalspieler Szepan und Kuzzura von Schalke 04 aus Gelsenkirchen bei ihm Gast. Sie
spielten den berühmten Schalker Kreisel, von dem man noch heute spricht.
Geschäftliche Angelegenheiten wurden damals im Hause des Rendanten der Spar- und
Darlehnskasse Schandelah Willi Heine in dessen Büro abgewickelt. Dort war derzeit schon ein
Telefon vorhanden. Willi Heine war im Hauptberuf Sattlermeister. Litzkendorf war Ehrenmitglied
von Schalke 04 gewesen.
Burdenski, auch ehemaliger Nationalspieler bei Werder Bremen sollte nach dem Willen von
Litzkendorf Trainer beim MTV Schandelah werden. Es ist aber nur zu drei Trainingseinheiten
gekommen. Litzkendorfs Beziehungen zur englischen Militärregierung reichten schon so weit,
dass es zu einem Fußballspiel einer englischen Soldatenauswahl aus der Heidekaserne in
Soltau mit unserem MTV hier in Schandelah kam. Mit ungeheurem Kampfgeist haben wir
dieses Spiel mit 6 zu 3 gewonnen. Das Spiel wurde vor einer Zuschauerkulisse von über 600
Besuchern, von Hermann Schröder gezählt, ausgetragen. Man hatte ja sonst keine andere
Abwechslungen oder Vergnügen. So hat auch diese Begegnung so kurz nach dem Krieg zur
Völkerverständigung beigetragen.
Neue Fußballstiefel hatten wir damals auch schon an. Wochen vorher hatte Heini Litzkendorf
vor einem Freundschaftsspiel in Lehre gegen den dortigen Verein 11 Paar nagelneue braune
Fußballstiefel aus dem Hut gezaubert. Mit Freuden den Platz betreten, aber mit zahlreichen
Blasen nachher verlassen. Beim nächsten Spiel passten sie dann schon besser.
Die Mannschaftsaufstellungen auch die gegen die Engländer, wurden Tage vorher mit Walter
Wesche ( Spielführer ), Schmiedegeselle in Albert Kaisers Schmiede, abgesprochen. Hier war ja
ein guter Treffpunkt vorhanden. Im Dorf ging die Bezeichnung „die Amboss Aufstellung“ um.
Die Fahrmöglichkeiten zu den Auswärtsspielen wurden angesprochen. Es waren keine gängigen
Fahrräder vorhanden. Ich kann mich noch an ein Spiel in Essenrode erinnern, dass wir mit 7